Stadt Wilhelmshaven

04. Dezember 2015

Quo vadis AWV?

Der Allgemeine Wirtschaftsverband Wilhelmshaven-Friesland (AWV) habe sich mit grenzenloser Unwissenheit zur städtischen Wirtschafts- und Finanzpolitik geäußert, so Oberbürgermeister Andreas Wagner. Ohne sich vorab entsprechend zu informieren, geschweige denn die wiederholt angebotenen Gesprächsoptionen zum Haushalt wahrgenommen zu haben, werde das Nichtabsenken des Gewerbesteuerhebesatzes als verfehlte Steuerpolitik gescholten. Hätte sich der AWV schlau gemacht, dann wüsste er, dass der Beschluss des Rates über das Nichtabsenken des Gewerbesteuerhebesatzes von 440 % auf 435 %, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, längst nicht die Auswirkungen habe, wie es der Protest des AWV vermuten lasse. Modellrechnungen für Einzelunternehmen haben ergeben, dass bei einem Gewinn vor Steuern von 100.000 Euro der Löwenanteil von 64.ooo Euro beim Unternehmer verbleibt, ein großer Anteil von 24.000 Euro als Einkommensteuer an das Land fließt und nur 12.000 Euro als Gewerbesteuer an die Stadt gehen, wovon wiederum 2.000 Euro als Gewerbesteuerumlage an das Land abzuführen seien. Die Entlastungswirkung einer Hebesatzsenkung um 5 Prozentpunkte liege in dieser Modellrechnung etwa bei 130 Euro. Der entscheidende Faktor für die Belastung der Unternehmen sei damit die Einkommensteuer und nicht die Gewerbesteuer. Von der Einkommensteuer stehen dem Land 86% zu, nur ein Teil von 14% wird an die Kommunen ausgeschüttet. Der Rat der Stadt, so Wagner, habe bei seinen mit großer Mehrheit über die Parteigrenzen hinweg gefassten Beschlüssen zum Haushalt 2015 im Interesse und für das Wohl aller Bürgerinnen und Bürger Wilhelmshavens gehandelt. Es ging schlichtweg darum, die historisch einmalige Chance einer Entschuldungshilfe des Landes in Höhe von 48,3 Mio. Euro zu ergreifen. Nur so sei es möglich, zukünftigen Generationen nicht die Lasten tragen zu lassen, die sich aus der derzeitigen Verschuldungslage der Stadt ergeben würden. Darum sei dies der einzig richtige Weg aus der Misere und den Politikern sei sehr zu danken für diesen einzig notwendigen Schritt in die richtige Richtung! Gerade aus der Entschuldungshilfe werden sich doch in der Zukunft positive Entwicklungen der Gewerbesteuerhebesätze und der Grundsteuer ergeben. Diese Wirkung hat der AWV leider völlig außer Acht gelassen, was wohl eher ein Beleg für einen Vorstoß Einzelner sei und nicht auf ein innerhalb des AWV abgestimmtes Verfahren schließen lasse. Die jetzt politische Verantwortung tragenden Parteien hätten zugesagt, den Gewerbesteuerhebesatz bis 2023 auf 400 % zu senken. Das sei auch weiterhin vorgesehen und stelle einen einmaligen Vorgang in Niedersachsen dar und sollte gerade von der Arbeitgeberseite in dieser Stadt positiv kommentiert und insbesondere konstruktiv begleitet werden. Zur unternehmerfreundlichen Wirtschaftspolitik der Stadt gehöre auch das Vorhalten von bedarfsgerechten Angeboten für Unternehmen, wie z. B. Preisangebote an Grund und Boden ab 10 Euro/qm. Oberbürgermeister Wagner bewertet es als sehr positiv, dass Verwaltung und Politik fast einstimmig nicht mehr bereit waren, jahraus jahrein zur Haushaltskonsolidierung als ersten Schritt weitere Einschnitte in den Bereichen Kunst und Kultur oder Schul- und Vereinssport zu beschließen. Es gehe vielmehr darum, dass wir Wege finden müssen, so der OB, diese auch für Unternehmensansiedlungen und die Gewinnung von Mitarbeitern für die Region, so wichtigen Aspekte zu stärken und eher mehr in diese Bereiche langfristig und gesichert zu investieren. Wagner wörtlich: „Wir werden keine Einschnitte finanzieller Natur in die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger vornehmen und schon gar nicht auf die 48,3 Mio. Euro Entschuldungshilfe verzichten, mag der AWV das auch noch so oft fordern!“ Die „Freiwilligen Leistungen“ in unserem Haushalt 2016 betrügen nur noch 13 Mio. Euro. Die dem AWV sicherlich vorliegende „Liste der 1000 Grausamkeiten des Bundes der Steuerzahler“ (BdST) habe die Stadt bereits mehr als abgearbeitet. Wenn der Präsident des AWV, Tom Nietiedt, anmerke, dass die Zukunft unserer Region maßgeblich von der Entwicklung unserer Wirtschaft abhänge, so habe er Recht. Darum investiere die Stadt und ihre Tochterunternehmen seit 2011 erhebliche Summen in die hiesige Wirtschaft, sagt OB Wagner. Von 2015 bis 2019 seien jährlich rund 40 Mio. Euro geplant, die vor allem dem hiesigen Handwerk zu Gute kämen. Wenn man mit Weitblick auf den Neubau des Klinikums blicke, der für sich allein genommen mit über 135 Mio. Euro erhebliches Potential für hiesige Unternehmen biete, komme man sogar auf insgesamt ca. 340 Mio. Euro geplanter Investitionen bis 2019, von denen hiesige Unternehmen profitieren können. Der AWV sei in diesem Zusammenhang zum wiederholten Male dazu aufgerufen, mit Unterstützung der Stadt Wilhelmshaven seine Mitgliedsunternehmen darauf vorzubereiten, einen möglichst großen Teil dieses Kuchens in den nächsten vier Jahren für die Region zu vereinnahmen, so Wagner. Zurzeit stellen wir vermehrt fest, dass sich häufig gar keine regionalen Unternehmen an Ausschreibungen beteiligen, da deren Kapazitäten die Auftragsgrößen nicht hergeben. Die Stadt sei dann gezwungen, die Aufträge "nach außerhalb" zu vergeben. Strategisch konstruktiv ginge es aber darum, die Unternehmen fit für die Zukunft zu machen und insbesondere für das Personal Aus- und Weiterbildungsstrategien seitens des Arbeitgeberverbandes zu entwickeln, so Wagner. In Zeiten knapper Ressourcen seien die Unternehmen auf den Zuzug von qualifizierten Mitarbeitern angewiesen. Der Oberbürgermeister betont, dass die Kommunen die Rahmenbedingungen für Entwicklungen schaffen und diese bestehen beileibe nicht ausschließlich aus der Höhe der Hebesätze. Vielmehr gelte es Flächen für Unternehmensentwicklungen (JWP, Logistikpark etc.) und eben auch Bauland für junge Familien zur Verfügung zu stellen sowie ein attraktives und vielfältiges kulturelles Angebot vorzuhalten. Darüber hinaus komme den Unternehmen eine Verantwortung für ihre eigene Entwicklung zu und dazu gehöre auch die Geschäftsstrategie im Rahmen der gesetzten Standortfaktoren. Die Stadt Wilhelmshaven sei mit über 2500 Mitarbeitern (einschließlich Klinikum Wilhelmshaven) der zweitgrößte Arbeitgeber der Region und damit Motor für die Wirtschaft in Wilhelmshaven und Friesland.
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